Wir führen in unseren Leben sehr viele Gespräche mit sehr vielen Menschen. Mit einigen reden wir sehr viel, mit anderen tauschen wir nur ein paar Worte und Zeilen aus.
Dann hat meist jeder von uns eine Person, mit der er besonders viel redet. Das kann unser Partner/ unsere Partnerin sein oder unsere Eltern. Das kann auch unser bester Freund sein. Bei anderen ist es vielleicht auch der Friseur oder die Frau, die in der Dorfbäckerei an der Kasse steht.
Tatsache ist aber, dass die Person mit der wir am meisten reden, nicht irgendjemand anders ist, sondern wir selbst. Wir sind ständig mit uns selbst im Gespräch, führen Diskussionen, wägen ab, urteilen über Dinge und Personen und treffen Entscheidungen. Kurz: Die Person, mit der ich am meisten rede, bin ich selbst.
Dass dies keine ungewöhnliche Beobachtung ist, wird uns deutlich werden, wenn wir uns einmal die Zeit nehmen, um die Psalmen durchzulesen. Dort, so werden wir merken, kommt es immer wieder vor, dass die Autoren mit sich selbst reden.
Eines dieser Selbstgespräche, vielleicht das bekannteste, finden wir im Doppelpsalm 42-43, der das zweite Psalmenbuch einleitet.
Der Autor dieses Psalms sieht sich mit Fragen und Zweifeln konfrontiert, die sowohl von außen (von seinen Feinden), als auch von innen (von ihm selbst) kommen.
Und in diesen Zweifeln an der Gegenwart, Gnade und Treue Gottes wendet er sich dreimal an sich selbst mit denselben Worten, indem er sich fragt und selbst zuruft: „Warum bist du so aufgelöst, meine Seele, und warum stöhnst du so in mir? Harre auf Gott! Denn du wirst ihn noch preisen, deinen Retter und deinen Gott. „
Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um eine psychologische Aufmunterungsformel handelt oder ein Gebet, dass man für Leidenszeiten parat haben sollte, um sich lästiger Leiden zu entledigen.
Was tut der Psalmist hier? Nun, zum einen nimmt er sich selbst, sein Empfinden und seine Situation ernst. Er verschönert nicht sein inneres Befinden und gebraucht deshalb zwei Ausdrücke, die auf seine innere Unruhe und Zermürbung hinweisen (unruhig, stöhnen).
Aber er tut noch etwas anderes. Er spricht sich mitten in seinen Zweifeln und Fragen selbst an. Wenn er von Seele spricht, meint er damit nicht irgendeine Instanz, die außerhalb von ihm ist. Er meint sich selbst, seine Persönlichkeit.
Mit seiner Anrede an sich selbst, richtet er sich auf Gott aus. Nun, ich weiß, dass der Ausdruck „auf Gott ausrichten“ mehr als verbraucht und oft auch nichtssagend klingt (wie so viele „fromme“ Floskeln, die wir gebrauchen und nicht so recht wissen, was wir damit meinen). Deshalb fragen wir einfach mal: Was bedeutet es, sich ganz auf Gott auszurichten?
Oder fragen wir erst einmal andersrum: Was bedeutet es nicht? Sich auf Gott auszurichten, bedeutet nicht, dass ich auf Krampf versuche, mich gut zu fühlen. Es bedeutet auch nicht, dass ich versuche, das Leiden wegzulächeln (mit einer Art gespielter Freude im HERRN).
Das alles ist nicht, was der Psalmist darunter versteht. Er ruft sich selbst dazu auf, auf den Gott zu harren bzw. zu vertrauen, der sein Retter ist. Er hatte sich mit seinen Fragen und Zweifeln herumgeplagt, mit der Erinnerung an vergangene, freudige Tage, mit der Frage, ob Gott ihn verlassen hat oder sogar gegen ihn ist.
Und jetzt? Er richtet sich auf seinen Retter aus, indem er seine Gedanken weg von seinen Zweifeln, weg von seinen Taten, auf den ausrichtet, der sein Retter ist – sein Gott.
Sich auf Gott auszurichten, bedeutet deshalb, dass ich in meinen Zweifeln und Fragen (die uns alle irgendwann treffen) meine Gedanken weg von dem richte, was ich tue, fühle, denke – hin auf das, was Gott in seinem Sohn Jesus Christus (unserem Retter) getan hat.
Sich auf Gott auszurichten, bedeutet, dass ich im Leiden, in den Anfechtungen, meine Gedanken mit dem Evangelium fülle; also mit all dem, was Christus, mein Retter, für mich getan hat.
Dies ist kein Konzept zur Lösung jeglicher Probleme. Aber wie im Psalmisten, lässt uns die Ausrichtung unserer Gedanken auf unseren Retter Hoffnung fassen und in uns eine große Zuversicht wachsen auf sein Eingreifen. Durch das Evangelium erkenne ich, dass Gott, der seinen eigenen Sohn für uns nicht verschont hat, seine Gnade niemals von mir weichen lassen wird.
Hier sehen wir, dass es sich bei dem Aufruf des Psalmisten nicht um eine gefühlsmäßige Beruhigungsstrategie handelt. Vielmehr klammert er sich an Tatsachen; an die Tatsache, dass der HERR sein Retter ist.
Die Person mit der ich am meisten rede, bin ich selbst. Und deshalb ist es ungemein wichtig, womit ich meine Gedanken fülle – vor allem im Leiden, wenn uns von rechts und links Anfechtungen und Zweifel bedrängen. Der Psalmist zeigt uns, was er tat, um zum Ende des Psalms voller Hoffnung und Zuversicht zu sein: Er richtete sich selbst, seine Gedanken auf seinen Retter.
So ist das Evangelium auch die Nachricht, die uns in unserem ganzen Leben trösten und ermutigen kann. Das Evangelium allein kann uns diesen Trost schenken, denn es richtet uns auf das aus, was nicht wir, sondern unser Retter vollbracht hat.
Damit fordert der Psalm eigentlich dazu auf: Predige dir selbst das Evangelium – mitten in deinen Zweifeln und Fragen und erkenne, dass Gott wegen seinem Sohn für dich ist und dich niemals verlassen wird!
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