„Erwarte Großes von Gott und unternimm Großes für Gott!“ William Carey, Mission und du?

von Jonathan Malisi
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Dieses Zitat liest sich auf den ersten Blick sehr großspurig und anmaßend. Erst recht, wenn man weiß, dass der, von dem es stammt, selbst ein ziemlicher Zwerg war… Aber die ersten, die es hörten, sollte es wachrütteln und dazu bewegen, sich für die Ausbreitung des Evangeliums einzusetzen. Es war ein Ausschnitt aus einer Predigt über Jes 54,2-3, die im Nachhinein oft nur „Die unsterbliche Predigt“ genannt wurde. Sie war das Ereignis, das zuerst den Prediger William Carey selbst und dann viele andere erinnerte, dass das Evangelium von Jesus Christus bis an die Enden der Erde getragen werden sollte: Gott wollte ihn und sie dazu benutzen. Aber wie war es dazu gekommen? Wer war dieser kleine Mann, der sich traute, sonntags so große Töne auf der Kanzel von sich zu geben?

Ein einfacher Schuhmacher…

William Carey wurde im Jahr 1761 als Sohn eines einfachen Landschulmeisters geboren. Sein Vater war nicht wohlhabend und der Beruf, den er ausübte, nicht sonderlich begehrt. Aber er förderte William, wo es nur ging. Seine Familie gehörte zwar der englischen Staatskirche an, aber nach seiner Bekehrung im Jahr 1779 wurde William auf seinen Glauben hin in einer ländlichen Baptistengemeinde getauft. Demzufolge verbrachte er die erste Hälfte seines Lebens auf dem Land, wuchs in eher ärmlichen Verhältnissen auf und hatte trotz hoher Intelligenz nur einen sehr beschränkten Zugang zu Bildung. Darum verdiente er sich sein Einkommen als Schuhmacher, diente in seiner Gemeinde als Prediger und führte ein definitiv unspektakuläres, aber an Gottes Wort orientiertes Leben.

… dem Gott eine unbändige Liebe für die Verbreitung des Evangeliums schenkte

Mein Geschäft ist die Ausbreitung des Reiches Christi. Wenn ich Schuhe mache und repariere, dann deshalb, um meine Ausgaben bestreiten zu helfen, die dadurch entstehen.

Von 1789-1793 diente William als Pastor einer Gemeinde in der Stadt Leicester; dort gab es nur eine Handvoll biblischer Gemeinden.  Die Baptistengemeinde, in der William diente, hatte schwierige Zeiten hinter sich: Der Lebensstil einiger Gemeindemitglieder und Amtsträger entsprach nicht dem Leben, zu dem Jesus sie befreit hatte (Phil 1,27). Deshalb verbrachte William die ersten beiden Jahre seines dortigen Dienstes mit dem Versuch, Streit untereinander und Gleichgültigkeit gegenüber dem Evangelium zu beseitigen; aber das half nicht wirklich. Folglich machte er den Gemeindemitgliedern den Vorschlag, die Gemeinde neu zu gründen und auszurichten. Von da an entwickelte sie sich gesünder. Gott begann erneut, durch diese Gemeinde Menschen zu sich zu führen.

Das zentralste Anliegen Williams war und blieb stets die Verkündigung des Evangeliums, weshalb sich sein Dienst nicht allein auf die Gemeinde, die er leitete, beschränkte. Er unterstützte kleinere Landgemeinden im Umfeld Leicesters mit wenigen Predigern und setzte sich für brutal misshandelte Gefängnisinsassen, psychisch Kranke und ausgebeutete Sklaven ein. Weggefährten aus dieser Zeit erzählten später, William habe nie gebetet, ohne Anliegen und Not anderer Menschen vor Gott zu bringen. Leicester hat 13.000 Einwohner und diese Stadt machte ihm klar: Wenn schon all diese Menschen so dringend Jesus, den Sohn Gottes bräuchten, wie groß musste dann erst die Not in Ländern sein, in denen es noch keine Christen und Gemeinden gab. Der Hirte und Evangelist William Carey wollte nicht nur die Menschen in seinem engeren Umfeld mit der Guten Nachricht erreichen; er sah, dass diese Botschaft bis an die Enden der Erde getragen werden musste. Von Missionaren. Von Missionaren wie ihm.

…, der ein Pionier der Weltmission wurde

Es muss jedes nachdenkliche Gemüt betroffen machen zu bedenken, welch großer Anteil der Kinder Adams in der beklagenswertesten Finsternis leben, bar jeder Erkenntnis des Evangeliums Christi und ohne jedes Mittel, zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

Seit Oktober 1783 wuchs Williams Interesse an den bisher von Europäern quasi unerforschten Gebieten der Erde; er verschlang die Reiseberichte von Kapitän James Cook, einem Entdeckungsfahrer und Kartographen der Südsee. Deshalb hing in seiner Werkstatt eine Weltkarte, auf der William vermerkte, wie viel Menschen wahrscheinlich in welchem Gebiet leben könnten. Es machte ihm zunehmend zu schaffen, dass die meisten Menschen niemals den Namen Jesus Christus hören würden, wenn sich niemand zu ihnen aufmachte. In der Folge erstellte er mit seiner „Untersuchung“ (engl.: „Enquiry“) die weltweit erste umfassende Religionsstatistik. Dafür nutzte William die Medien und Informationskanäle seiner Zeit, um sie für seinen Dienst in Gottes Reich einsetzen zu können. Er tat das nicht lediglich aus Neugier oder um seinen Wissensdurst zu stillen, sondern um den Christen seiner Zeit vor Augen zu malen, wie groß die Zahl vom Evangelium gänzlich unerreichter Menschen war. Dabei blendete er nicht aus, dass auch die meisten Menschen in England keinen rettenden Glauben hatten, wandte aber ein, dass es in England genug Gemeinden gab, um die Bevölkerung mit dem Evangelium zu erreichen. Das British Empire wollte neue Gebiete erobern, expandieren und dadurch seinen Wohlstand vergrößern. William sah darin vor allem einen Weg, das Evangelium an Orten zu verkündigen, wo es noch nie gehört worden war.

Er hatte zwar praktisch kaum formelle Schulbildung genossen, aber noch vor seinem 20. Lebensjahr begonnen, sich mit Hilfe einiger Büchern neutestamentliches Griechisch beizubringen; er liebte Gottes Wort und wollte aus dem Vollen schöpfen („Wenn meine Seele mit Seinem Wort getränkt wird, vergesse ich alles“). Vermutlich war ihm damals noch nicht klar, dass er damit den Grundstein für seine spätere Übersetzungsarbeit legen würde: Während seiner Zeit in Indien wurde er Professor für Bengali, bildete englische Regierungsbeamte aus und übersetzte die Bibel in sechs Sprachen und Dialekte Indiens. Darüber hinaus hat er vermutlich insgesamt ca. 40 Sprachen Indiens erlernt, um die Bibel in diese übersetzen zu können. Moderne indische Bibelübersetzungen gehen auf diese Pionierarbeit zurück. William Carey war sicher nicht der beste in dem, was er tat. Aber meistens war er der erste, der sich von Gott für solche Aufgaben gebrauchen ließ.

1793 konnte William dann endlich mit seiner Familie nach Indien ausreisen.

…, der darauf vertraute, dass Gott Sein auserwähltes Volk retten würde

Wir können das Werk nur aufgeben mit unserem Leben. Wir sind entschlossen auszuharren, auch wenn die Enttäuschungen noch tausendfach schlimmer werden sollten. Wir haben den gleichen Grund zur Hoffnung wie Ihr in England: die Verheißungen, die Macht und die Treue Gottes.“

Für William war glasklar, dass Gott derjenige ist, der Menschen rettet, ihnen neues Leben schenkt. Zu Lebzeiten Williams war das nichts Ungewöhnliches, sondern viele Christen zogen aus dieser Wahrheit sogar den verkehrten Schluss, dass Gott dann schon dafür sorgen würde, dass in Indien Menschen zum Glauben kommen. Aber dafür, so dachte man, müsse ihnen niemand das Evangelium predigen. William war hingegen überzeugt: Wenn Gott Menschen das Evangelium bekannt macht, dann nutzt Er dafür andere, die Ihn bereits kennen. Ganz im Sinne seiner „Untersuchung“ verstand William sich selbst als mögliches Mittel, um Gottes Größe den Bewohnern Indiens bekannt zu machen. Beide Aspekte des Evangeliums, einerseits Gottes absolute Souveränität in Errettung wie auch Heiligung von Menschen und andererseits die Notwendigkeit, das Evangelium zu verkünden, gehörten für ihn unauflöslich zusammen.

Seine Studien von Gottes Wort und seiner Zeit ließen ihn erwarten: Wenn Gott schon zu Paulus gesagt hatte, dass Er in Korinth ein großes Volk hat (vgl. Apg 18,10), wie würde es dann erst in Bezug auf die ganze Welt aussehen! William lernte Gottes Blick auf Mission kennen:

  1. Gott ist es wert, unter den Menschen bekannt gemacht zu werden.
  2. Nur so können Menschen zu Anbetern Gottes werden; dazu hat er sie geschaffen.
  3. Um ihn bekannt zu machen, müssen diejenigen losgehen, die ihn am besten kennen und am meisten lieben.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Ich habe Ursache, die Dürre meiner Seele zu beklagen und bin daher oft sehr entmutigt. Wenn ich so tot und stumpf bin, wie will ich unter den Heiden brauchbar sein? Wenn aber irgendetwas mein Herz ins Gebet treibt, dann ist es das Flehen, dass die Heiden sich bekehren möchten.

William erlebte nach menschlichen Maßstäben nichts Großartiges mit Gott: Keine Massenbekehrungen von Abermillionen Menschen; keine Gemeindegründungsbewegung, durch die Kirchen wie Pilze aus dem Boden schossen. Stattdessen starb er fern von seiner Heimat England in Indien und mit ihm seine Familie. Wenn sich Inder bekehrten, dann erlebten sie sofort Ausgrenzung durch die strenge Kastenordnung der indischen Gesellschaft; die meisten Christen der ersten Generation verloren dort jede Möglichkeit, einer Arbeit nachzugehen. Das war eine kaum vorzustellende Herausforderung für die ersten entstehenden Gemeinden in diesem Land. Das Verlangen, das Evangelium von Jesus Christus bekannt zu machen, war und ist bis heute normalerweise mit hohen Kosten verbunden.

Schon lange vor seiner Ausreise nach Indien betete William wöchentlich im Gottesdienst, dass Gott sich über die vom Evangelium Unerreichten erbarmen würde. Als er dann ausreiste, um Gott in Indien zu dienen, blickte er nicht auf die Christen herab, die in England blieben, sondern konnte seinen Dienst in Indien nur tun, weil sich Gemeinden in seiner Heimat bereiterklärt hatten, ihn mit ihrem Gebet und finanziell zu unterstützen. Auf lange Sicht wurde England innerhalb weniger Jahre die Nation, die die meisten Missionare aussandte und in der bis heute bestehende Missionswerke gegründet wurden. In Indien entstanden Gemeinden, damit Inder ihre Landsleute erreichen konnten. Williams Anliegen und Eifer für Jesus hatten bleibende Spuren im Leben vieler Menschen hinterlassen, als er 1834 starb.

William Carey, Mission und Du

Ich spüre ein brennendes Verlangen, dass alle Welt Gott erkennen möchte. Ich habe nie ein Opfer bereut, das ich um Seinetwillen gebracht habe.

An William Carey ist nicht zuerst bewundernswert, dass es heutzutage Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Pflanzen und Verlage gibt, die nach ihm benannt sind. Stattdessen ist bewundernswert, wie William sein Leben auf den Gott ausrichtete, den er bewunderte, den die ganze Welt erkennen sollte. Was kannst du konkret vom missionarischen Anliegen William Careys für dein Glaubensleben lernen?

  • William erwartete wirklich ALLES von Gott; deshalb unterstellte er Ihm auch sein GANZES Leben: Gott konnte und kann alles, was Seine Kinder tun, nutzen, um sich anderen Menschen zu offenbaren, sie zu Seinen Kindern zu machen und in der Liebe zu Jesus wachsen zu lassen. Williams Leben lehrt uns eines ganz deutlich: Beständige, kleine, vielleicht unscheinbare Dienste zählen viel in Gottes Reich.
  • Kennst du einen Missionar oder missionarischen Dienst, für den du regelmäßig beten kannst? Viele Missionare teilen ihre Anliegen durch Rundbriefe mit und freuen sich, wenn du darüber ihren Dienst im Gebet unterstützt.
  • Nutze Ressourcen wie Operation World, Joshua Project, Material von der HMK oder Open Doors, um für Gottes Kinder in praktisch unerreichten Ländern und Regionen konkret zu beten.
  • Dass Gott allein Menschen rettet bedeutet nicht, dass er es ohne Mittel tut. Gott wirkt durch Mittel oder sogar besser gesagt: Menschen. Wer das Evangelium teilt und verbreitet, ist „Gottes Mitarbeiter“ (1Kor 3,9). Gerade weil wir an einen Gott glauben, der absolut souverän der eigentliche Missionar ist, können und sollen wir das Evangelium in unserem Umfeld und weltweit bezeugen: Er führt Seinen Plan aus.
  • Am herausforderndsten bleibt: Wer Gott auch nur annäherungsweise so gut kennt wie William Carey, sollte auch prinzipiell bereits sein, sich von Ihm dorthin schicken lassen, wo Er bisher noch unbekannt ist. Trifft das auf dich zu?

Zum Weiterlesen

Carey, S. Pearce: William Carey. Der Vater der modernen Mission, Bielefeld 1998

Carey, William: Eine Untersuchung über die Verpflichtung der Christen, Mittel einzusetzen für die Bekehrung der Heiden, 2. verbesserte Aufl., Bonn 1998

Flachsmeier, Horst R.: Geschichte der evangelischen Weltmission, Gießen 1963

Schick, Erich: Vorboten und Bahnbrecher. Grundzüge der evangelischen Missionsgeschichte bis zu den Anfängen der Basler Mission, Basel 1943 Schirrmacher, Thomas: Aufbruch zur modernen Weltmission, 307, in: Murray, Iain: Die Hoffnung der Puritaner. Prophetieverständnis, Mission und Erweckung im Lichte der Kirchengeschichte, Hamburg 1999

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