Die Worte gehören zu den, zumindest unter Christen, bekanntesten Worten der Heiligen Schrift. Es sind die Worte, welche die Schwere jeder einzelnen Sünde in einer unermesslich tatsächlichen Deutlichkeit festhalten. Es sind die Worte, welche die gesamte Wirklichkeit jeder einzelnen Sünde in wohl kürzester Weise deutlich machen. Es sind die Worte, die David aussprach, als ihm durch den Propheten Natan seine Schuld aufgezeigt wurde: Gegen dich, HERR, gegen dich habe ich gesündigt und getan, was unrecht ist in deinen Augen.
Eine Untersuchung verschiedener Schuldbekenntnisse innerhalb der Hl. Schrift wird uns zu dem Ergebnis führen, dass David nicht der Einzige war, der zu dieser tiefgreifenden Erkenntnis der weitreichenden Konsequenz und ,,Richtung“ seiner Taten kam. Neben ihm waren es u.a. Nehemia (Neh. 1,7), Daniel (Dan. 9,8-9.11) und auch der verlorene Sohn (Lk.15,21), die erkannten, dass sie zuallererst gegen Gott selbst gesündigt hatten.
Es ist ungemein wichtig, sich diese Erkenntnis, dass jede Sünde gegen den unendlich heiligen Gott gerichtet ist, immer wieder bewusst zu machen. Tatsache ist, dass die Männer Gottes, die uns in der Bibel begegnen, in diesem Bewusstsein lebten. Als Beispiel kann hier auch Josef genannt werden. Was war es, das ihn davon abhielt, auf das verlockende Angebot der Frau des Potifar einzugehen? Wir erkennen es an seiner Reaktion: ,,Wie sollte ich dieses große Unrecht tun und gegen Gott sündigen?“ (Gen.39,9). Das, was Josef von der Sünde abhielt, war primär nicht die Furcht vor seinem irdischen Herrn, sondern die Furcht Gottes, das Bewusstsein, mit jeder Sünde gegen Gott zu handeln.
Woher kommt dieses Bewusstsein, diese Überzeugung? Unser Verständnis von Sünde muss von der Tatsache her bestimmt sein, dass jeder Mensch, ob nun Christ oder nicht, in einer Beziehung zu dem Schöpfer aller Dinge steht (Unsere ganze Wirklichkeit ist Beziehungswirklichkeit, weil der dreieinige Schöpfer selbst von Ewigkeit her in Beziehung ist.). Wir wurden von ihm und zu seiner Ehre geschaffen und somit stehen wir, ob wir wollen oder nicht, in einer „Bundes“- Beziehung zu ihm. Der bekannte Apologet Cornelius Van Til hat deshalb richtigerweise festgehalten, dass es nur zwei Arten von Menschen gibt – solche die den Bund mit Gott brechen (engl.: Covenant-Breaker) und solche die den Bund mit Gott halten (engl.: Covenant-Keeper – beide Begriffe aus seinem Werk Christian Apologetics).
Aber was sagt uns das über Sünde? Vielleicht ist uns schon mal beim Lesen der prophetischen Bücher aufgefallen, dass die Autoren verschiedene Begriffe und Bilder gebrauchen, um die Realität dessen zu erfassen, was an anderer Stelle eben Sünde genannt wird. Interessanterweise begegnen uns vorwiegend Beziehungsbegriffe und Bilder, die wir aus dem Bereich der Ehe, Liebe und Sexualität kennen. Da wird von Vergehen gesprochen, von Ehebruch und Hurerei und von Liebhabern, denen das Volk Israel nachläuft. Dazu treffen wir auf das Motiv der Eifersucht auf Gottes Seite, der sein Volk zur Umkehr auffordert. Das will uns deutlich machen: Die Sünde eines Menschen ist nicht einfach eine Tat, sie ist Ausdruck dessen, was er will, fühlt und denkt in Beziehung auf Gott.
Der Mensch wurde geschaffen, um in einer vollkommenen Liebesbeziehung zu seinem Schöpfer zu dessen Ehre zu leben. Durch die Sünde bringt das Geschöpf nun jedesmal zum Ausdruck, dass er andere ,,Liebhaber“ dem in Wahrheit liebenden Gott vorzieht. Weil Liebe Ausdruck von Beziehung ist, ist Sünde ein Ausdruck von Liebe; einer falschen, verdreckten Liebe, die niemals erfüllt und darauf aus ist, mit den Götzen dieser Welt eine Liebesbeziehung aufzubauen.
Dieses Bewusstsein, dass jede Sünde primär gegen Gott gerichtet ist, lässt uns Gottes Zorn über die Vergehen der Menschen verstehen, lässt uns vielleicht etwas mehr erkennen, warum Sünde so abscheulich in den Augen Gottes ist und wie unglaublich groß Gottes Erbarmen ist, dass er uns in Christus vergibt. Denn eigentlich müssen mit Esra immer wieder erkennen: Siehe, hier sind wir vor dir mit unserer Schuld. Denn bei solchem Verhalten ist es unmöglich, vor dir zu bestehen. (Esra 9,15)
2 Kommentare
Wertvolle Gedanken! Danke
[…] Ausschnitt zitiert aus dem Josia-Artikel “Gegen dich, HERR, gegen dich…”. […]