Kaum ein anderer Teil unseres Lebens nimmt so einen so großen Teil ein wie unsere Arbeit. Wenn ihr eine 40 Stunden-Woche habt und 50 Jahre arbeitet, dann reden wir hier von über 100.000 Stunden unseres Lebens! Daher ist die Frage „Was soll ich einmal werden?“ eine sehr wichtige! Um sie jedoch beantworten zu können, müssen wir ein paar noch grundlegendere Fragen stellen: „Warum arbeiten wir überhaupt? Welchen Plan verfolgt Gott damit?“ All diese Fragen (und noch viele weitere!) wollen wir in dieser neuen Serie Beruf(en) von Gottes Wort her näher beleuchten. Wie der Titel bereits verrät, ist unser Beruf an unsere Berufung geknüpft: um die Bedeutung unseres Berufes zu verstehen, ist es wichtig, dass wir uns unserer Berufung klar werden.
„Liebes Tagebuch, wenn ich einmal groß bin, will ich so werden wie J.K. Rowling.“
Harry Potter war nicht nur das beste Buch, das ich (bis dato) gelesen hatte – sondern auch das einzige, das ich gleich fünfmal hintereinander las. Mein Wunsch war vielleicht ein bisschen ambitioniert, aber sagt nicht die Welt, dass wir nach den Sternen greifen sollen? Allerdings wurde mein Kindheitstraum zu Sternenstaub – durch einen Eignungstest vom Jobcenter. Urteil: Leicht unterdurchschnittliche Sprachfähigkeiten. Immerhin hat mich die Dame vom Jobcenter beim Auswertungsgespräch ganz mitleidig angekuckt: „Du findest bestimmt etwas Anderes.“ Habe ich dann auch gemacht (ohne von meinen Ambitionen abzurücken): mal wollte ich Physiotherapeut in der Bundesliga werden, mal als Anwalt gegen Ungerechtigkeit kämpfen (so wie Batman oder Daredevil), mal Lehrer (weil viele Ferien), am Ende (weniger spektakulär) einfach nur das große Geld in der Wirtschaft verdienen.
Ich weiß nicht, wie es euch bei der Frage nach Berufswahl geht – mich haben damals die Millionen an Möglichkeiten paralysiert:
- Was würde zu mir passen?
- Was würde mich wirklich glücklich machen?
Mein kleines Boot trieb orientierungslos auf hoher See umher und jede neue Möglichkeit war eine Tsunami-Welle, die mich fast zum Kentern gebracht hatte. C.S. Lewis benutzt eine ähnliche Illustration in Pardon, ich bin Christ[1] und schreibt, dass die wichtigste Frage an dein Boot ist: „Warum sind wir überhaupt hier?“ Oder anders gefragt: „Welchem Ruf folgen wir nach?“
Der Ruf des Pantheismus (allen voran der Buddhismus)
Der Name mag vielleicht nicht jedem sofort etwas sagen, aber ihr hört diesen Ruf (fast) jeden Tag. Wenn ihr euch durch Facebook oder Instagram klickt oder Filme seht oder Zeitschriften lest: Was ist das neue Zauberwort gegen den Stress und die Hektik des Alltags? Was verspricht euch mehr Lebenszufriedenheit, Ausgeglichenheit, höhere Belastbarkeit? Stichworte wie Meditation, Yoga, Achtsamkeit. Dabei dienen diese Praktiken einem sehr konkreten Ziel: Leer werden. Buchstäblich.
In den Worten von Herman Hesses Siddhartha[2]:
„Ein Ziel stand Siddhartha vor Augen, ein einziges: leer werden, leer von Durst, leer von Wunsch, leer von Traum, leer von Freude und Leid. Von sich selbst wegsterben, nicht mehr Ich sein, entleerten Herzens Ruhe finden, im entselbsten Denken dem Wunder offenzustehen, das war sein Ziel. Wenn alles Ich überwunden und gestorben war, wenn jede Sucht und jeder Trieb im Herzen schwieg, dann musste das Letzte erwachen, das Innerste im Wesen, das nicht mehr Ich ist, das große Geheimnis.“
Im Buddhismus findest du Erleuchtung (oder erlangst „Nirwana“), indem du eins wird mit dem Universum – und du deine Individualität und Persönlichkeit verlierst. In anderen Worten, der Ruf des Pantheismus ist: Vergiss dich!
Der Ruf des Atheismus
Wo der Pantheismus sagt „Diese Welt ist alles nur Illusion!“ schreit der Atheismus das genaue Gegenteil: „Diese Welt ist alles, was es gibt!“ Es gibt nur das Materielle – sonst nichts. Darum „Esst und trinkt – denn morgen sterben wir!“
- Erfüllung liegt darin, möglichst viel Spaß und Vergnügung zu erleben. Geld hilft hier nicht nur ungemein, um das zu verwirklichen, es bietet auch die einzig wahre Sicherheit an. Darum ist das Ziel, möglichst viel davon anzuhäufen.
- Weil es nach dieser Vorstellung auch keinen Gott gibt, der uns Erlösung und eine Bestimmung schenkt, müssen wir das eben selbst tun: „Du schaffst das! Glaube nur an dich selbst!“
- Wenn Gott uns nicht unsere Identität gibt, dann müssen wir sie selbst finden (und verlassen uns hierbei auf die Stimmen unserer Gesellschaft und unserer Gefühle).
In anderen Worten, der Ruf des Atheismus ist laut und deutlich: „Mach alles selbst!“
Allerdings kommt dann die Realität des Lebens, wie etwa derzeit Corona, und wir merken, dass wir nicht so stark und mächtig sind, wie wir es gedacht hatten. Wenn wir dann unser Heil in Regierung und Wissenschaft suchen, werden wir eventuell bitter enttäuscht. Und mit der Ernüchterung kommt Panik, die schon Nietzsche deutlich verspürt hat: Denn wenn wir Gott von seinem Posten verdrängen, dann müssen wir selbst Gott spielen.
Der Ruf von Jesus Christus
Dem gegenüber steht der Ruf von Jesus Christus: „Folge mir nach!“
Teil meines Schocks damals war vor allem die Tatsache, dass ich mich nur um mich selbst gedreht habe. Ich musste mein eigener Herr und Herr meines Schicksals sein. Und das ist eine Last, die niemand tragen kann. Wie wunderbar dagegen die Worte Jesu: „Ich weiß wer du bist.“ (Joh 10,14-15) Wow, wirklich? „Ich kenne dich, weil ich dich geschaffen habe. Nicht nur das – ich habe dich auch erlöst.“ (Hebr 1,1-4; Jes 43,1) Jesus nimmt uns die tonnenschwere Last unserer Schuld ab. Doch damit beginnt unser Leben mit ihm erst: „Du wurdest geschaffen, um mir nachzufolgen (Eph 2,11). Darum lebe für mich – arbeite für mich, jeden Tag mit jeder Tat (2Kor 5,14-15). Mit allem was du bist, mit allem was du hast – folge mir nach.“ Das ist die Berufung jedes Christen. Es ist Teil von deiner Identität. Wer sind wir? Wir sind Nachfolger Jesu – wir folgen seinem Ruf. Darum bedeutet Jesus nicht nachzufolgen, einem anderen Ruf zu folgen.
In gewisser Weise könnten wir genau hier Schluss machen, weil diese drei Wörter von Jesus alles beinhalten, was ich zu sagen habe: „Folge mir nach!“ Und in den nächsten Beiträgen wollen wir nur herausfinden, wie das konkret und praktisch aussehen kann.
Die entscheidendste Frage deines Lebens lautet also zuerst: Welchem Ruf folgst du nach?
[1] C.S. Lewis (2016). Pardon, ich bin Christ. (Buch 3, Kap. 1 – „Die drei Aspekte der Ethik“). Brunnen Verlag. Kindle edition.
[2] https://www.sinndeslebens24.de/klassiker-siddhartha-von-hermann-hesse (Zugriff: 22.04.2021)