Gott und mein Stolz: Falsche Sicherheiten und ihre Konsequenzen

von Jonathan Malisi
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Das ist Teil I einer Reihe zum Buch des Propheten Obadja (V.1-10.15-18).

Edoms Stolz – ein Grundproblem unseres Herzens

Eine Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen aus dem Jahr 1989 hat ergeben, dass damals bei einem Verkehrsunfall im Durchschnitt zwischen 16 und 26 Schaulustige anwesend waren. Auch wenn diese Ergebnisse etwas älter (sogar noch älter als ich😉) sind, ist in den letzten Jahren immer wieder die Diskussion um Schaulustige bei Unfällen durch die Medien gegangen. Und das zu Recht: „Unbeteiligte Zuschauer“ sind in der Regel nicht diejenigen, die vorher den Krankenwagen gerufen haben, erste Hilfe leisten oder sich tatsächlich für die Verletzten interessieren. Meistens stehen sie den Sanitätern im Weg, machen die Situation nur noch gefährlicher und meinen, das Ganze auch noch kommentieren zu müssen. Die Bibel kennt dieses Problem auch, wobei durch den Propheten Obadja sogar zu einem ganzen Volk von scheinbar unbeteiligten Schaulustigen gepredigt wird. Diese „Zuschauer“ haben aber nicht nur zufällig irgendeinen Verkehrsunfall beobachtet. Sie haben voller Schadenfreude zugesehen, wie ihre Verwandten, Gottes Volk, gelitten haben. Diese „Zuschauer“ waren die Edomiter. Sie haben sich gefreut, als Jerusalem 586 v.Ch. von den Babyloniern zerstört wurde. Das Buch Obadja zeigt uns besonders anschaulich ein Grundproblem unseres Herzens: Nämlich wie Stolz und Arroganz in unserer Beziehung zu anderen ein Anzeichen dafür sind, wie es mit unserer Beziehung zu Gott aussieht. Die Edomiter waren gleichgültige und stolze Schaulustige. Am Volk von Edom zeigt uns Gott, wie Er Stolz sieht und wie Er uns davon befreit. Darum ist es auch besonders wichtig, wenn wir dieses Buch richtig verstehen wollen, dass wir nicht fragen: „Wie kann ich es möglichst vermeiden, so stolz und gleichgültig wie Edom zu sein?“, sondern: „Wie kann mir Gottes Sicht auf meinen Stolz helfen, wenn ich immer wieder so stolz und gleichgültig wie Edom bin?“ Ihr bemerkt den Unterschied, den es macht, wenn wir die Frage anders stellen? Gott setzt nicht voraus, dass wir so sein könnten wie Edom, sondern dass wir es sehr oft oder sogar in der Regel sind.

Edoms Stolz – blind für Gefahr

Edom ist das Volk, dass von Esau, dem anderen Sohn Isaaks abstammt. Wenn Israeliten von Edom sprachen, dachten sie vermutlich zuerst einmal an Esau, den Bruder ihres Vorfahren, der Gottes Segen gegen einen Linseneintopf eingetauscht hat oder wie die Edomiter Israel nach dem Auszug aus Ägypten nicht durch ihr Land ziehen lassen wollten. Meistens schildert uns die Bibel das Verhältnis zwischen Israel und Edom als zwiegespalten: Ja, Edom ist der Bruder von Israel und Nein, das Verhältnis ist meistens nicht gut. Das zeigt sich auch schon daran, dass die Edomiter ganz woanders wohnen, nämlich im Gebirge. Deswegen werden sie zum Beispiel mit einem Adler verglichen (V.3+4), der sein scheinbar unerreichbares und sicheres Nest in Felslöchern gebaut hat. Das Königreich Edom kann ganz bequem vom Gebirge herunterschauen, sieht jeden, der sich ihm nähert und ist ganz offensichtlich unangreifbar. Und dieses scheinbar unbesiegbare Volk will und wird Gott aus seinem Nest, seiner sicheren Festung in den Felsen herunterstürzen. Aber warum? Wegen seines Stolzes und seiner Arroganz! In diese Wunde legt Gott geradezu seinen Finger, wenn er zu Edom sagt:

Der Übermut DEINES Herzens hat DICH betrogen, DICH, der in den Schlupfwinkeln der Felsen wohnt, in der Höhe seinen Sitz hat.“ (V.3)

Edoms Stolz – Gottes Reaktion

Weil es sich beteiligt hat an der Eroberung und Zerstörung von Juda und seiner Hauptstadt Jerusalem; es ist „gewalttätig“ (V.10) geworden gegen seinen Bruder Jakob, Gottes Volk. Während die Babylonier die Israeliten überrannt und in Gefangenschaft genommen haben, hat das Volk von Edom dabei geholfen, die fliehenden Israeliten gefangen zu nehmen und an die Babylonier auszuliefern. Edom selbst ist wie ein Adler, der sein Nest in unerreichbarer Höhe gebaut hat. Selbst wenn man schwindelfrei ist, kommt man nicht an dieses Nest heran. Die Edomiter sind sicher – denken sie zumindest. Doch in Edom wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Es wird die Konsequenzen für seinen Stolz ertragen müssen.

Bis heute hat Sünde natürlicherweise Konsequenzen, wie alles in unserer Welt. Das weiß jeder von uns, der sich verletzt hat und durch eine Narbe daran erinnert wird. Edoms Stolz wurzelt in seiner inneren Haltung, aber die Konsequenzen bekommt es erlebbar zu spüren. Was die Edomiter aber am meisten erschrecken sollte, ist nicht, dass sie in absehbarer Zeit von den Babyloniern erobert werden, sondern dass es Gott selbst ist, der die Babylonier schickt:

  • ICH habe dich klein gemacht“ (V.2)
  • ICH werde dich von dort hinabstürzen“ (V.5)
  • Werde ICH nicht an jenem Tag, spricht der HERR, die Weisen aus Edom vertilgen?“ (V.8)

Diese Konsequenzen, die die Edomiter erleben werden, sind ganz real und haben etwas mit ihrem Stolz gegenüber Juda zu tun:

Wie DU getan hast, wird dir getan werden. DEIN Tun wird auf deinen Kopf zurückkehren.“ (V.15)

Wir tun uns manchmal sehr schwer und sind auch zu Recht bewusst vorsichtig, Dinge, die wir erleben, als Strafe Gottes zu deuten. Beispiele aus der Bibel (etwa Hiob, David) verdeutlichen dieses herausfordernde Spannungsfeld. Darum können wir nicht automatisch auf das eine oder andere schließen, sollten aber willig sein, unser Herz zu prüfen. Auch bei weniger dramatischen Umständen im Leben. Edoms „Umstände“, die militärische Eroberung durch die Babylonier, waren dramatisch: 30 Jahre, nachdem sich die Edomiter über die Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier gefreut hatten, erging es ihnen selbst überhaupt nicht anders:

Bis an die Grenze haben dich getrieben alle deine Bundesgenossen; betrogen, überwältigt haben dich deine Freunde; die dein Brot aßen, sie legten eine Fußangel unter dir aus: Es ist keine Einsicht in ihm.“ (V.7)

Gott hatte Edoms Stolz nicht vergessen oder übersehen. Tragischerweise erlitt es die Konsequenzen dafür auf die gleiche Weise wie Juda und durch seine ehemaligen Verbündeten, die Babylonier.

Edoms Stolz – Warnung und Verheißung für uns

In diesem ersten Teil des Buches sehen wir, dass es in erster Linie gar nicht um Judah oder Edom geht. Es geht um Gott! 3x sagt Gott den Edomitern: „ICH werde das tun. DU bist nicht nur ein Opfer deines Schicksals.“ Und indem Er Edoms und unseren Blick so auf sich lenkt, bringt er uns folgende Dinge bei:

  • Unser Problem mit Stolz ist schlussendlich ein Problem mit Gott! Gott ist nicht der Grund unserer Misere, sondern Er ist die Hoffnung, aus ihr wieder herauszukommen. Darum müssen wir manchmal auf Gottes Eingreifen warten. Dieses Leid dürfen und sollen wir Gott klagen. Aber viel schwieriger ist es dann, Gott selbst nicht anzuklagen. Wenn du selbst unter solchen Konsequenzen leidest und damit ringst, kannst du auch von jemand in der Gemeinde lernen, der nicht erklären kann, weshalb er gerade leidet. Aber vielleicht erträgt gerade er oder sie dieses Leid und wartet voller Hoffnung auf Gottes Handeln.
  • Gott warnt uns vor „falschen Freunden und Sicherheiten“ (V.1-2.5-7): Gott ist nämlich unsere Hoffnung, mit den Folgen unserer eigenen Sünde umzugehen; nicht andere!
  • Es fordert etwas von uns, Gott zu bitten, uns etwas wegzunehmen oder uns entsprechend zu erziehen, wo wir Ihm nicht genug vertrauen. Das heißt nicht, dass wir Freundschaften und Beziehungen zu anderen Menschen aufkündigen müssen, aber wir sollten uns vor solchen hüten, die ein Einfallstor dafür sind, an Gottes Willen blind vorbeizuleben.
  • Wenn du gerade mit schwierigen Umständen zu kämpfen hast, als Konsequenz deiner Sünde oder unverschuldet, dann sagt dir Gott sehr klar: „Vertrau nicht auf das, was keinen Halt gibt, sondern auf mich. Dass ich dich halte und dir helfen werde!“

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