Selbstmitleid
Manche Menschen haben gar nicht so sehr mit den bisher aufgezählten Götzen zu kämpfen – aus dem einfachen Grund, weil sie diese Dinge, die schnell zu Götzen werden können, nicht besitzen: Sie haben kaum Geld, kein besonderes Aussehen, keinen Erfolg, keine herzliche Familie usw. Manche denken vielleicht nur, dass sie all das nicht haben. Doch der Stolz des Menschen hindert ihn daran, sich auf Gott zu werfen und zu erkennen, dass er in ihm alles hat, was er braucht. So klammert er sich lieber an sein Leid, sein Elend, das er zu seinem Götzen macht. Er sagt sich nicht:
„Ich bin so stark, so reich, so gutaussehend, so mächtig (oder ich will es unbedingt sein)“, sondern: „Ich Armer, mir geht es so schlecht. Ich bin so benachteiligt. Ich habe so viel Leid zu tragen. Keiner mag mich und ich bin immer allein. Ich Armer!“
Fraglos gibt es benachteiligte und leidgeprüfte Menschen. Doch Selbstmitleid bedeutet nichts anderes, als wieder sich selbst ins Zentrum zu stellen, sich wichtig zu machen. Im Internet las ich dazu Folgendes:
„Selbstmitleid ist schön! Dadurch lernst du dich selber richtig schätzen und kennen. Kein anderer weiß es zu schätzen, was du alles machst, wem du hilfst und wie aufopfernd du bist. Aber wenn du selber mal ein Problem hast, dann hilft dir keiner! Die ganze Welt ist gegen dich! Keiner sagt zu dir: Meine Liebe, das tut mir leid! Mach es selber, zeige dir selber, wie sehr du dir leid tust!“[1]
Und ein Junger Mann unserer Gemeinde hat es so formuliert: „Selbstmitleid ist Kuscheln an des Teufels Brust.“
Was wir durch Selbstmitleid übersehen
Haben auch Christen einen Hang zum Selbstmitleid oder besteht dazu Gefahr
bei ihnen? Sie wissen doch, dass Jesus ihnen Leid und Verfolgung prophezeit
hat. Aber doch auch, dass sie gleichzeitig überreich beschenkt worden sind und
dass sie keiner aus der Hand ihres Heilands reißen kann. Dennoch ist die Gefahr
des Selbstmitleides gerade in christlichen Kreisen, gerade in der Gemeinde sehr
real. Einerseits hat man hohe Erwartungen an die christlichen Glaubensgeschwister
(sie sind ja schließlich Christen und müssen doch sehen, welches Leid ich
ertrage). Andererseits opfert man sich selbst für die anderen auf (oder meint
es zumindest) und bekommt manchmal, selten oder sogar nie Anerkennung. Um über diese inneren Verletzungen hinweg zu
kommen, könnten wir zu Jesus gehen. Wir würden erneut sehen, was er für uns
getan und auf sich genommen, welch gigantischen Berg von Sünde er uns vergeben
hat, weil er uns liebt, und wie wenig wir seine Gnade verdient haben. Oder wir
können uns trösten durch Selbstmitleid.