40 Jahre nachdem Gott vor Mose und dem Volk Israel das Schilfmeer geteilt hat, führt Josua das Volk trockenen Fußes durch den Jordan ins verheißene Land. Die Bibel berichtet, dass die Überquerung des Jordans am 10. Tag des ersten Monats geschieht – ein sehr interessantes Datum im biblischen Kalender! Denn dieser Tag markiert den Beginn des Passahfestes.
Das Passahfest erinnert an den Auszug aus Ägypten, die Befreiung aus dem ägyptischen Sklavendienst. Es erinnert auch an die Bewahrung des Volkes Israel durch das Blut des Passahlammes, als alles Erstgeborene in Ägypten in der Passahnacht der Tod trifft. Das Passahfest im Alten Testament ist immer ein Hinweis auf Christus, „unser Passahlamm“ (1. Korinther 5,7), der an Passah für uns gestorben ist, um uns mit seinem Blut aus der Sklaverei der Sünde zu befreien und uns aus dem Tod zu erretten. Es lohnt sich daher, aufmerksam zu sein, wenn die Bibel von einer Passahfeier berichtet.[1]
Um das Passahfest zu halten, sollte zu biblischer Zeit jeder Hausvater im Volk Israel am 10. Tag des ersten Monats ein einjähriges Lamm für seinen Haushalt auswählen. Drei Tage verbrachte das Lamm bei der Familie, bevor es am 14. Tag zur Abenddämmerung als Passahopfer geschlachtet werden musste. Passah bedeutete also auch das Opfern von etwas, das man liebgewonnen hat.
Die Überquerung des Jordans fand also an diesem bedeutungsvollen Tag statt; genau wie die Durchquerung des Schilfmeeres, die sich zum ersten Passahfest ereignete. Mose, welcher als Person bis heute im Judentum das Gesetz Gottes symbolisiert, konnte zwar das verheißene Land aus der Ferne erblicken, aber letztendlich nicht das Volk hineinführen. Ebenso kann man durch das Gesetz eine Ahnung davon bekommen, was Gerechtigkeit vor Gott bedeutet; erlangen können wir sie durch das Gesetz jedoch nicht. So ist es Josua, dessen Name im Hebräischen – genau wie der Name Jesus – „der HERR ist Rettung“ bedeutet, der das Volk ins verheißene Land führt.[2]
„Und es geschah, als das Volk aus seinen Zelten aufbrach, um über den Jordan zu ziehen – wobei die Priester, die die Bundeslade trugen, vor dem Volk herzogen, und als die Träger der Lade an den Jordan kamen und die Füße der Priester, die die Lade trugen, in das Wasser am Ufer tauchten – der Jordan aber führt in der ganzen Erntezeit Hochwasser -, da blieb das von oben herabfließende Wasser stehen. Es richtete sich auf wie ein Damm, sehr fern, bei der Stadt Adam, die bei Zaretan liegt. Und das Wasser, das zum Meer der Steppe, dem Salzmeer, hinabfloss, verlief sich völlig. So zog das Volk hindurch, gegenüber von Jericho. Und die Priester, die die Lade des Bundes des HERRN trugen, standen festen Fußes auf dem Trockenen mitten im Jordan. Und ganz Israel zog auf dem Trockenen hinüber, bis die ganze Nation vollständig den Jordan überquert hatte.“
Josua 3,5 ELB
Wir erfahren, dass das Wasser des Jordans bei der Stadt Adam aufgehalten wurde. Adam liegt ca. 30 km nördlich von der Stelle, an der das Volk den Jordan überquert hat. Dass die Stadt ausgerechnet Adam heißt, ist sehr interessant, wenn wir die Geographie Israels als Illustration des menschlichen Lebens seit dem Sündenfall Adams betrachten: Der einzige große See im Land Kanaan, in dem Leben möglich ist, ist der See Genezareth im Norden des Landes, aus dem der Fluss Jordan hinunter zum Toten Meer fließt. Aufgrund des hohen Salzgehaltes, das kein Leben in diesem Gewässer zulässt, wird es in der Bibel auch Salzmeer genannt. Der natürliche Fluss des Wassers vom See Genezareth zum Toten Meer gleicht dem menschlichen Leben, das seit dem Sündenfall unweigerlich im Tod mündet: „Dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht wie Adam durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten; Adam aber ist die Gestalt, die auf den Kommenden hinweist.“
Römer 5,14 EU
Es ist notwendig, dass Gott auf übernatürliche Weise eingreift und diesen natürlichen Fluss bei Adam[3] unterbricht, damit die Menschen „aus dem Tod ins Leben hinüber[gehen]“ können (Johannes 5,24 EU). Wie wir sehen, bewirkt Gott dies durch seinen Bund, der in Form von der Bundeslade im Jordan stehen bleibt, bis das ganze Volk das trockene Flussbett überquert hat. Erst nachdem auch der Letzte aus dem Volk im verheißenen Land angelangt ist, steigen die Priester mit der Bundeslade aus dem Jordan, und das Wasser kehrt zurück – der natürliche Fluss des Wassers geht weiter.
Der Bund spielt an dieser Stelle eine wichtige Rolle. Denn bevor am 14. Tag des Monats das Passahfest gefeiert wird, sollen nach Überquerung des Jordans alle Männer des Volkes beschnitten werden. In 2.Mose 12 gibt es Anweisungen zum Passahfest, von denen eine besagt, dass kein Unbeschnittener am Passah teilnehmen darf. Nun war aber die Generation, die während der Wüstenwanderung geboren wurde, nicht beschnitten worden, und dies musste vor dem Passahfest nachgeholt werden.[4]
Die Beschneidung und die Bundeslade treten in Josua 3 – 5 als Zeichen des Bundes auf und verankern das gesamte Geschehen zum einen im Anfang der Geschichte des Volkes Israel und weisen zum anderen auf das Ziel der Geschichte des Volkes Israel, nämlich Christus, hin.
Die Beschneidung ist das Zeichen des Bundes, den Gott mit Abraham schloss, als er ihm Nachkommen und das Land Kanaan verhieß (vgl. 1.Mose 17) und sie steht ganz am Anfang der Geschichte des Volkes Israel. Die äußere Beschneidung deutet aber letztlich darauf hin, was Christus durch den neuen Bund in uns bewirken sollte: Ein beschnittenes Herz (vgl. Römer 2,29), auf das Gottes Gesetz geschrieben ist und das aus Freuden Gottes Willen tut (vgl. Jeremia 31,33).
Die Bundeslade bezeugt den Bundesschluss zwischen Gott und dem Volk Israel am Berg Sinai, bei dem das Volk die Gesetze empfängt (vgl. 2.Mose 19ff). Die Bundeslade ist das Zeichen von Gottes Gegenwart im Allerheiligsten des Zeltheiligtums und später im Tempel Jerusalems (vgl. 2.Mose 25,22). Sie ist ein Hinweis darauf, dass wir in Christus durch die Ausgießung des Heiligen Geistes selbst zu Gottes Tempel werden.
Es zeichnet sich am Jordan ein wundervolles Stück Heilsgeschichte ab, die sich viele Jahrhunderte später im neuen Bund, in Christus, erfüllt. Wir dürfen die Verheißungen des Bundes für uns persönlich annehmen und gerüstet für den geistlichen Kampf über den Jordan ins verheißene Land ziehen. Bibelstellen wie Josua 3 – 5 sollen uns als Ermutigung dienen, Jesus im Alten Testament zu suchen – in der Schrift will der Herr uns auf wundervolle Weise begegnen!
[1] Nur wenige Male berichtet das Alte Testament ausdrücklich von Passahfeiern, doch jedes Mal zu sehr bedeutsamen Zeitpunkten: Nach dem ersten Passah beim Auszug aus Ägypten wird von der Passahfeier im darauffolgenden Jahr in der Wüste Sinai berichtet (Num 9,1-5), dann erst wieder zur Überquerung des Jordans ins verheißene Land (Jos 3-5). Den nächsten Bericht finden wir erst wieder bei den Königen Hiskia (2 Chr 30) und Josia (2 Kön 23; 2 Chr 35). Das letzte Passahfest, von welchem im Alten Testament berichtet wird, feiern die Rückkehrer aus dem babylonischen Exil im Anschluss an die Einweihung des neuen Tempels (Esr 6,19-22).
[2] „Jesus“ (Ἰησοῦς) ist die griechische Form des hebräischen Namen Jehoschua (bzw. der Kurzform Jeschua), der in den deutschen Übersetzungen meist mit Josua wiedergegeben wird.
[3] Interessant ist auch, dass der Ort heute Damia heißt (vgl. Fritz Rienecker und Gerhard Maier, Hrsg., Lexikon zur Bibel [Witten: SCM R.Brockhaus, 2013], 24.). Im Hebräischen bedeutet das nämlich „Blut des HERRN“.
[4] Die Beschneidung in Gilgal war auch ein Akt des Glaubens, da das Volk durch die Beschneidung aller Männer auf feindlichem Territorium, nur wenige Kilometer von Jericho entfernt, für einen bestimmten Zeitraum Angriffen schutzlos ausgeliefert war.