Das Eifersuchtsgesetz

von Hanna Kim
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Und der HERR redete zu Mose und sprach: Sage den Kindern Israels und sprich zu ihnen: Wenn die Frau irgendeines Mannes sich vergeht und ihm untreu wird, und es liegt jemand zur Begattung bei ihr, aber es bleibt vor den Augen ihres Mannes verborgen, weil sie sich im Geheimen verunreinigt hat, und es ist weder ein Zeuge gegen sie da, noch ist sie ertappt worden; wenn dann der Geist der Eifersucht über ihn kommt, so daß er auf seine Frau eifersüchtig wird, weil sie sich [tatsächlich] verunreinigt hat — oder wenn der Geist der Eifersucht über ihn kommt, so daß er auf seine Frau eifersüchtig wird, obwohl sie sich nicht verunreinigt hat —, so soll der Mann seine Frau zum Priester führen und um ihretwillen ein Opfer für sie bringen, ein Zehntel Epha Gerstenmehl. Er soll aber kein Öl darauf gießen, noch Weihrauch darauf tun; denn es ist ein Speisopfer der Eifersucht, ein Speisopfer des Gedenkens, damit der Schuld gedacht wird. Und der Priester soll sie herbeiführen und vor den HERRN stellen. Und der Priester soll heiliges Wasser nehmen in einem irdenen Gefäß; und der Priester soll Staub vom Boden der Wohnung nehmen und in das Wasser tun. Dann soll der Priester die Frau vor den HERRN stellen und ihr Haupt entblößen und das Speisopfer des Gedenkens, das ein Speisopfer der Eifersucht ist, auf ihre Hände legen. Und der Priester soll in seiner Hand das bittere, fluchbringende Wasser haben; und er soll die Frau schwören lassen und zu ihr sagen: »Wenn kein Mann bei dir gelegen hat und wenn du, die du deinem Mann angehörst, nicht in Unreinheit abgewichen bist, so sollst du von diesem bitteren, fluchbringenden Wasser unversehrt bleiben; bist du aber abgewichen, obwohl du deinem Mann angehörst, und hast dich verunreinigt, indem jemand bei dir gelegen hat außer deinem Mann — (und der Priester lasse dann die Frau den Schwur des Fluches schwören, und der Priester sage zu der Frau): Der HERR setze dich zum Fluch und zum Schwur mitten unter deinem Volk, indem der HERR deine Hüfte schwinden und deinen Bauch anschwellen lasse! So soll nun dieses fluchbringende Wasser in deinen Leib eingehen, dass dein Bauch anschwillt und deine Hüfte schwindet!« Und die Frau soll sagen: Amen, Amen! Dann soll der Priester diese Flüche auf eine Rolle schreiben und mit dem bitteren Wasser abwaschen. Und er soll der Frau von dem bitteren, fluchbringenden Wasser zu trinken geben, damit das fluchbringende Wasser in sie eindringt und ihr zur Bitterkeit wird. Danach soll der Priester das Speisopfer der Eifersucht aus ihrer Hand nehmen und das Speisopfer vor dem HERRN weben und es zum Altar bringen. Und er soll eine Handvoll von dem Speisopfer nehmen als Teil, der zum Gedenken bestimmt ist, und es auf dem Altar in Rauch aufsteigen lassen und danach der Frau das Wasser zu trinken geben. Und wenn sie das Wasser getrunken hat, so wird, wenn sie unrein geworden ist und sich an ihrem Mann vergangen hat, das fluchbringende Wasser in sie eindringen und ihr zur Bitterkeit werden, so daß ihr Bauch anschwellen und ihre Hüfte schwinden wird; und die Frau wird mitten unter ihrem Volk ein Fluch sein. Wenn aber die Frau sich nicht verunreinigt hat, sondern rein ist, so wird sie unversehrt bleiben, so dass sie Samen empfangen kann. Das ist das Gesetz der Eifersucht: Wenn eine Frau, obwohl sie ihrem Mann angehört, neben ihrem Mann ausschweift und sich verunreinigt, oder wenn der Geist der Eifersucht über einen Mann kommt, dass er auf seine Frau eifersüchtig wird, so soll er die Frau vor den HERRN stellen, damit der Priester mit ihr genau nach diesem Gesetz verfährt. Dann ist der Mann frei von Schuld; jene Frau aber hat ihre Schuld zu tragen.

4. Mose 5,11-31

Das Eifersuchtsgesetz in 4. Mose 5,11-31 ist vermutlich eine von vielen Stellen in der Torah, über die wir meist schnell hinweglesen, weil sie in unserer heutigen Zeit merkwürdig und unverständlich erscheinen. Und doch weist das ganze Alte Testament auf unseren Herrn Jesus Christus hin.[1] Und so kann uns auch eine zunächst rätselhafte Bibelstelle aus der Torah wertvolle Erkenntnisse für unseren Glauben schenken.

Eine kurze Zusammenfassung der Bibelstelle zum Eifersuchtsgesetz in 4. Mose 5,11-31: Wenn ein Mann seine Frau verdächtigt, Ehebruch begangen zu haben, muss er mit ihr zum Priester gehen und ein Opfer darbringen. Dann folgt ein eigenartiges Ritual, bei dem die Frau heiliges Wasser trinken muss, in das der Priester Staub vom Boden der Stiftshütte hineingemischt hat. Dieses Wasser ist bitter und bringt ihr Fluch, wenn sie sich versündigt und verunreinigt hat. Wenn sie aber rein ist, schadet ihr das Wasser nicht.

Unser Textabschnitt enthält in Vers 17 eine Begriffskombination, die einmalig in der gesamten Bibel ist: Heiliges Wasser. Das hebräische קדשים מים (maim kdoshim) kommt nur an dieser einzigen Stelle vor und wir finden wenig Information darüber, was dieses Wasser eigentlich genau ist.[2] Merkwürdig ist auch, dass dieses heilige Wasser mit etwas Staub vom Boden der Stiftshütte – gewissermaßen also auch „heiligem Staub“ – gemischt wird und dann im nächsten Vers als „bittere[s], fluchbringende[s] Wasser“ bezeichnet wird. Es wird der verdächtigten Frau verabreicht und wenn sie sich durch Ehebruch versündigt hat, wird ihr „der Bauch schwellen und die Hüfte schwinden“ und sie wird „zum Fluch werden unter ihrem Volk“; ist sie aber rein, steht in Vers 28, „so wird’s ihr nicht schaden und sie kann schwanger werden.“ Aus dem letzten Vers können wir schließen, dass mit dem Fluch und der eigenartigen Formulierung des schwellenden Bauches und der schwindenden Hüfte wohl die Unfruchtbarkeit der Frau gemeint ist. Der alttestamentliche Zusammenhang zwischen Fluch und Unfruchtbarkeit wird deutlich, wenn man sich im Gegensatz dazu die Segensverheißungen im Alten Testament ansieht, bei denen Fruchtbarkeit, die Fortführung der Familienlinie, ein zentraler Aspekt ist.[3]

Im Zusammenhang mit Unfruchtbarkeit lohnt es sich, einen weiteren Begriff aus dem Alten Testament näher zu betrachten: כרת (karet), was im Deutschen gewöhnlich mit „ausgerottet werden“, im Englischen mit „to be cut off“ übersetzt wird. Am Kontext, in dem dieser Begriff in der Bibel gebraucht wird, wird verständlich, dass karet nicht die unverzüglich umgesetzte Todesstrafe meint, sondern sich eher darauf bezieht, dass die betroffene Person vom Bund mit Gottes Segensverheißungen abgetrennt wird und ihre Familienlinie in zukünftigen Generationen erlöschen wird.[4] Es ist bemerkenswert, in welchen Zusammenhängen karet als Strafe in der Bibel auftaucht: Nicht bei Mord oder anderen moralischem Vergehen, die nach mosaischem Gesetz mit der Todesstrafe belegt sind (hebräisch: mut statt karet), sondern immer dann, wenn etwas Unreines oder Profanes auf Heiliges trifft. Von diesen Fällen, die in der Bibel mit karet bestraft werden, möchte ich einige wenige Beispiele nennen:

  1. Arbeit bzw. profane Handlungen am 7. Tag, die den heiligen Sabbath entweihen (2. Mo 31,14).
  2. Die Nutzung des heiligen Salböls (2. Mo 30,33) und des heiligen Räucherwerks (2. Mo 33,37) außerhalb des Heiligtums für profane Zwecke.
  3. Die Entheiligung des Dankopfers, wenn es von jemandem Unreinen (3. Mo 7,20) oder nach Ablauf der für den Verzehr vorgeschriebenen Zeit gegessen wird (3. Mo 19,8).
  4. Wenn sich jemand mit einer Unreinheit an die geheiligte Gaben für Gott annähert (3.Mo 22,3).

An dem Begriff von karet sollte deutlich geworden sein, was die Konsequenzen sind, wenn Unreines oder Profanes auf Heiliges trifft. Wenn wir uns dessen bewusst sind, wird das Ritual des Eifersuchtsgesetzes auch verständlicher: Wenn das heilige Wasser mit Staub aus dem Heiligtum in der Frau auf Unreinheit und Sünde stößt, weil sie sich durch Ehebruch verunreinigt hat, ist die im Bibeltext implizierte Konsequenz dessen karet, und damit Unfruchtbarkeit für die Frau.

Eine bildliche Darstellung der Heiligkeit Gottes findet sich bei der Theophanie am Berg Sinai nach dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. Die Herrlichkeit Gottes erscheint auf dem Gipfel des Berges wie ein verzehrendes Feuer[5] und Gott warnt das Volk davor, sich dem geheiligten Berg zu nähern, „damit er sie nicht zerschmettere“ (2. Mo 19,18-25).

An dieser Stelle können wir einen Moment innehalten und Gottes Wort auf unser Leben leuchten lassen. Sind wir rein genug, in die heilige Gegenwart Gottes zu treten, ohne dass uns verheerende Konsequenzen erwarten, ja, ohne dass wir dabei gänzlich ausgelöscht werden? In unserer eigenen Gerechtigkeit und aus uns selbst heraus müssen wir diese Frage verneinen. Wir lesen in Jesaja 64,5: „Aber nun sind wir alle wie die Unreinen, und alle unsre Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Wir sind alle verwelkt wie die Blätter, und unsre Sünden tragen uns davon wie der Wind.“ Ja, wir Menschen sind wie verwelkte, trockene Blätter, die sofort verbrennen und ausgelöscht werden, wenn sie in die Nähe des verzehrenden Feuers gelangen.

Doch Gott sei gelobt für die Frohe Botschaft, die Botschaft des Kreuzes Jesu Christi! Weil Er, der ohne Sünde war, rein und heilig, unsere Schuld am Kreuz getragen hat, sind wir, die wir glauben, durch sein Blut von aller Sünde reingewaschen und haben freien Zugang zu Gottes Gnadenthron. In dem Moment, als Jesus am Kreuz starb, ist der Vorhang im Tempel zum Allerheiligsten, zum Gnadenthron Gottes, zerrissen und der Weg zum heiligen Gott wurde frei. Der Hebräerbrief bezeugt dies im 10. Kapitel (V.19-22):

Da wir nun, Brüder, durch das Blut Jesu Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum, den er uns eröffnet hat als einen neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang – das ist durch sein Fleisch –, und einen großen Priester über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und damit gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.

Es geschah auch ähnlich am Berg Sinai. Dort besprengt Mose das Volk mit dem Blut des Bundes – wohlgemerkt die einzige Stelle im ganzen Alten Testament, in dem das Volk jemals mit Blut besprengt wird – und heiligt es, sodass er danach gemeinsam mit den Vertretern des Volkes auf den Berg hinaufsteigen kann. Auf dem Berg sehen sie Gott, und sie essen und trinken in seiner Gegenwart, ohne dass er seine Hand gegen sie ausstreckt und sie vernichtet werden (2. Mo 24,8ff).

Das Blut Christi jedoch, das im neuen Bund für uns vergossen wurde, bewirkt mehr als das Blut von geopferten Tieren, das, auf die Menschen gesprengt, sie in einen äußerlich reinen Zustand bringt, in welchem sie vor Gott treten können ohne zu sterben. In 2. Kor 5,17 steht: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ Das Blut Christi legt sich nicht wie eine feuerfeste Schicht um den Menschen, um ihn vor der Begegnung mit der heiligen Gegenwart Gottes zu schützen; nein, die Veränderung betrifft den ganzen Menschen bis ins Innerste: Er wird eine neue Kreatur. Als neue Kreatur in Christus erleben wir deswegen Gottes heilige Gegenwart ganz anders – wir verbrennen nicht mehr wie ein welkes Blatt im Feuer, wenn wir vor Gott treten, sondern wir werden wie Gold durch seine unendliche Heiligkeit gereinigt und verändert. Je mehr Zeit wir in Gottes heiliger Gegenwart verbringen und geläutert werden, desto klarer wird sich seine Herrlichkeit in unserem Leben widerspiegeln. Gott sei gedankt für den freien Zugang, den wir durch Jesus Christus zum Thron der Gnade in Gottes Heiligtum haben – lasst uns Tag für Tag mehr Gebrauch davon machen.


[1] Jesus selbst hat seinen Jüngern „die Schrift“ (das Alte Testament) ausgelegt, um ihnen zu zeigen, dass sie von ihm, dem Christus, spricht: „Und er [Jesus] fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.“ Lk 24,27; vgl. auch Lk 24,44.

[2] Es wird vermutet, dass es sich um das Wasser aus dem Reinigungsbecken der Priester vor der Stiftshütte handelt oder auch um das besondere Wasser der Reinigung, das aus der Asche der roten Kuh gewonnen wird (vgl. 4. Mo 19,13ff).

[3] Vgl. u.a. Gottes Segensverheißungen an Abraham in 1. Mo 12; 15; 17.

[4] In 3. Mo 3,2-5 beispielsweise steht karet zusätzlich zur Todesstrafe, weshalb nicht dasselbe gemeint sein kann. Eine genauere und sehr hilfreiche Erklärung des Begriffes karet von Derek Leman gibt hier.

[5] vgl. auch 2. Mo 24,17; 5. Mo 4,24; 9,3; Heb 12,29

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