Gemeindemitgliedschaft – ein biblisches Prinzip? (Zurück zu Teil 3)
Gemeindeleitung und Ältestenschaft (1Tim 3,1-13; Tit 1,5-9) macht nur Sinn, wenn es eine identifizierbare Herde für die Hirten gibt. So ist es nur schlüssig – wenn Heb 13,17 anordnet, dass man sich seinen Leitern unterordnen soll – dass es zu neutestamentlichen Zeiten stets definierbare Mitgliederkreise gab.
Wir wissen, dass in der neutestamentlichen Gemeinde Verzeichnisse über die Witwen geführt wurden (1Tim 5,9). So lesen wir auch von demokratischen Wahlprozessen (2Kor 2,6) bei denen „die meisten“ bzw. die Mehrheit der Gemeinde gewisse Belange entschied. Dies wird auch erst schlüssig, wenn überhaupt eine „Mehrheit“ in einer Gemeinde ausmachbar ist. Denn eine gemeinsame Entscheidung bringt auch eine gemeinsame Verantwortung mit sich.
Die Situation der Gemeindezucht in 1Kor 5,12-13 setzt voraus, dass allgemein bekannt ist, wer zur Gemeinde gehört und wer nicht:
12) Denn was habe ich zu richten, die draußen sind? Richtet ihr nicht, die drinnen sind? 13) Die aber draußen sind, richtet Gott. Tut den Bösen von euch selbst hinaus!
1Kor 5:12-13
Dieser Ausschluss ist jedoch erst dann sinnvoll, wenn eine offizielle und somit sichtbare Zugehörigkeit zur Gemeinde besteht. Wir finden unzählige Beispiele für Abgrenzungen innerhalb des neutestamentlichen Zeugnisses. Abgrenzung war quasi das Mittel zur Stiftung und Wahrung der von Gott verliehenen Identität (1Kor 11,19). Dieses Prinzip der Abgrenzung begegnet uns sowohl im Alten Testament, als auch im Neuen Testament. Eine Abgrenzung, bei der es stets darum geht, eine deutliche Unterscheidung zwischen der Welt und dem heiligen Gottesvolk deutlich zu machen (Röm 12,2). Die Bibel gibt uns zahlreiche Anweisungen, wie die Gemeinde Gottes mit Menschen umgehen soll, die sich zwar Christen nennen und dennoch nicht gemäß oder sogar bewusst entgegen der Lehre Christi leben und lehren. Im Folgenden seien einige Beispiele hier aufgeführt:
a) Gebt acht und meidet sie (Röm 16,17-18),
b) habt keinen Umgang und esst nicht miteinander (1Kor 5,9-12),
c) zieht euch zurück (2Thess 3,6),
d) kennzeichnet ihn und habt keinen Umgang, damit er sich schämt und
weist ihn zurecht als einen Bruder (2Thess 3,13-15),
e) abwenden (2Tim 3,5),
f) Mund stopfen und streng zurechtweisen (Tit 1,11.13),
g) nicht ins Haus aufnehmen und nicht grüßen (2Joh 1,9-11).
Das Ziel ist hierbei stets: Die Identität in Christus und die gesunde Lehre zu bewahren (2Tim 1,13-15). Dieser korrigierende und reinigende Aspekt der Gemeindemitgliedschaft ist absolut notwendig und entspricht völlig dem heiligen Wesen Gottes, der uns immer mehr in das Ebenbild Seines Sohnes verwandeln möchte (Eph 2,10; 1Kor 3,17). Das Neue Testament gibt uns eine hilfreiche und weise Anleitung, wie wir in unserer Gemeinde mit Geschwistern umgehen sollen, die in Sünde gefallen sind:
Mt 18,15) Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein! Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen. 16) Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt werde! 17) Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde; wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie der Heide und der Zöllner!
Diese Passage zeigt offensichtlich, dass es sich um einen liebevollen und langfristigen Prozess der Seelsorge handelt, der die Wiedergewinnung eines Gemeindemitglieds zum Ziel hat.
Wenn es keinen praktischen und sichtbaren Weg gibt, die Zugehörigkeit zur Gemeinde oder die Zugehörigkeit zur Welt festzumachen, werden die oben genannten Maßnahmen der Reinigung, Gemeindezucht, Läuterung und Erziehung hinfällig und bedeutungslos, obwohl sie so unverzichtbar sind (Apg 5,3-10; Hebr 12,7-11; Offb 3,19).
Selbst weltliche Vereine legen hohen Wert darauf, dass lediglich eingetragene Mitglieder im Namen des Vereines agieren. Das hat etwas mit Qualifikation und Zugehörigkeit zu tun. Wie viel mehr sollten wir uns darum bemühen, dass die Christen in unseren Gemeinden ihren Platz in der lokalen Gemeinde finden (Zugehörigkeit) und ihre von Gott gegebene Berufung ausleben bzw. ihre Gaben einbringen können (Qualifikation). So spricht die Heilige Schrift völlig selbstverständlich davon, dass lediglich Gemeinde(mit)glieder im Namen der Gemeinde und schließlich im Namen Jesu handeln.
Christliche Nachfolge ist in seinem Wesen sowohl ein individueller Prozess, als auch ein gemeinschaftlicher Lebensstil, der auf den Nächsten angewiesen ist und andere Christen miteinschließt. Innerhalb der Gemeinde legen wir Rechenschaft für unseren Glauben ab, bleiben auf dem rechten Kurs und stärken unsere Gewissheit über die eigene Erlösung (Apg 19,18; Jak 5,16). Wir erklären uns bereit, einander zu helfen, zu ermutigen, zu erbauen, zu ermahnen, an Gottes Wirken erinnert zu werden, an Seinem Wort festzuhalten und miteinander zu beten (Hebr 10,22-25; 1Joh 3,18). Bei einer Gemeindemitgliedschaft spielt nicht die Form (bspw. Mitgliedverzeichnisse) die entscheidende Rolle. Dies kann und wird je nach Kultur unterschiedlich sein. Ein Blick in die Struktur der Gemeinde, der man sich zugehörig fühlt, ist ausreichend, um diese Frage für sich persönlich zu klären. In Deutschland hat sich überwiegend das offizielle Mitgliederverzeichnis bewährt, um seine Verbindlichkeit der Gemeinde gegenüber Ausdruck zu verleihen.
Der wohl bekannteste Vers der Bibel Joh 3,16 trägt eine Konsequenz mit sich, den der Apostel Johannes in 1Joh 3,16 ausführt: Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben. Dies sollte uns anspornen treu, verbindlich und uneingeschränkt unseren Geschwistern zu begegnen. Eine offizielle Mitgliedschaft sollte hier kein Hinderungsgrund sein.