Billie Eilish – Die Ausdehnung des Zeitgeistes in der Popkultur

von Lars Reeh
4 Kommentare

Sie ist jung, lebt vegan, hat eine mentale Krankheit und die Welt liegt ihr zu Füßen. Nein, die Rede ist nicht von Greta Thunberg, sondern von Billie Eilish. Die 17-jährige Sängerin ist enorm erfolgreich; abzulesen an der harten Währung der Aufmerksamkeitsökonomie: Sie hat über 34 Millionen Follower auf Instagram und hunderte Millionen Klicks auf YouTube. Sie schreibt und singt Textzeilen wie diese:

„I’m that bad type
Make your mama sad type
Make your girlfriend mad tight
Might seduce your dad type
I’m the bad guy, duh
I’m the bad guy
I like it when you take control
Even if you know that you don’t
Own me, I’ll let you play the role
I’ll be your animal.“

Darin beschreibt sich Billie Eilish als böse und verdorben. Sie macht deine Mutter traurig, deine Freundin wütend und ist bereit deinen Vater zu verführen. Ebenso wird ein sexuelles Dominazrollenspiel mit Tierbezügen angedeutet. Die Musik von Billie Eilish kann man als minimalistischen Elektro-Pop beschreiben der auch mal balladesk daherkommt. Dazu singt sie in ihrem einzigartigen Flüsterstil. Die talentierte Musikerin, die übrigens ein klassisches Tanz- und Gesangstraining genoss, wurde überdies von Dave Grohl gehypt. Dave Grohl ist der Frontmann der Foo Fighters und war der Schlagzeuger der Grunge Band Nirvana, mit der er Billie Eilish verglich. Nirvana wurden 1991 mit dem Song Smells like Teen Spirit und dem dazugehörigen Album Nevermind schlagartig weltberühmt. Die Gemeinsamkeit zwischen Kurt Cobain (Sänger und Gitarrist von Nirvana) und Billie Eilish liegt darin, dass beide den Nerv einer Generation getroffen haben, wobei Cobain ein breiteres Publikum erreichte. Billie Eilish hat ihre größte Anhängerschaft bei Mädchen, die noch jünger sind als sie selbst. Ich habe Schülerinnen aus meinem Umfeld in dieser Altersklasse nach Billie Eilish befragt und sowohl positive als auch negative Reaktionen bekommen. Viele kennen ihre Musik und finden die Sängerin cool. Sie sei anders, sie sei sie selbst und kümmere sich nicht um die Meinung anderer. Die negativen Kommentare beschrieben Billie Eilish schlichtweg als gruselig.

An dieser Stelle muss ich Billie Eilish zugutehalten, dass sie mit den künstlichen Schönheitsidealen früherer Popstars tatsächlich wenig zu tun hat. Eine puppenhafte Perfektion ist ihre Sache nicht, was zu einer Entlastung bei jungen Frauen in Bezug auf deren optisches Selbstbild führen kann. Daraus erklärt sich auch ein Teil des Erfolges und die soziale Zusammensetzung der Fangemeinde, wobei die Inszenierung der Authentizität sicher auch einer Business-Strategie folgt. Selbst wenn der Begriff Authentizität zutreffen sollte, so ist Billie Eilish jedoch eines sicher nicht: natürlich. Ein Blick auf ihren Instagram Account genügt um das zu erkennen. Dies relativiert die beschriebene Entlastungsfunktion, da Billie Eilish letztlich ein unrealistisches Schönheitsideal gegen ein anderes unrealistisches Schönheitsideal austauscht. Abgesehen von der Optik gibt es bezüglich der Inhalte weitere Herausforderungen, was mich zurück zu Kurt Cobain bringt. Dieser sagte „I hate myself …“, bei Billie Eilish findet sich eine Steigerung dieses Ausrufs. Sie sagte über sich: „I really, really, really, really hate myself “. Die Überschneidung bei Cobains teen spirit und Billie Eilish Gesamtwerk liegt im Nihilismus. Es ist der vertonte Zeitgeist der Sinnlosigkeit und des Schmerzes der sich durch die Gehörgänge der Jugendlichen frisst. Ein authentischer, postmoderner Nihilismus für Postmillenials. Nihilismus ist die Überzeugung, dass es keine absoluten Wahrheiten und Werte gibt, was zur Sinnlosigkeit führt:

„Durch die gedankliche Orientierung am Nichts beinhaltet der Nihilismus einen absoluten Vorrang des Individuums, das allein seinen Trieben und Neigungen folgt und dem alles erlaubt ist. Wenn aber die nihilistische Weltsicht so weit geht, dass selbst das Individuum […] angezweifelt wird, verlieren auch diese Triebe und Neigungen jede Bedeutung.“ [1]

Zwischen Cobains Welterfolg und Tod lagen weniger als drei Jahre. Er war 24 Jahre alt als er berühmt wurde und 27 als er starb (Drogenabhängigkeit, Suizid). Mit Cobain als Vergleichspunkt befürchte ich, dass Billie Eilish innerhalb der nächsten drei Jahre sterben wird. Ihre Todessehnsucht ist allgegenwärtig („I wanna end me“). Wenn ein junger Mensch mit diesem Stil und diesen Inhalten so erfolgreich ist, wird es brandgefährlich! Die Horrorästhetik von dem Video zu bury a friend und das an den Film Der Exorzist angelehnte Albumcover sprechen die eindeutige Sprache der Düsterheit. Dazu kommt die (subtile) Erotik in den Texten und Videos, welche fleischliche Lust kanalisiert. Das Neue daran ist der Grad der Ausdehnung der Weltlichkeit in der Welt. Billie Eilish ist eine Mischung aus Justin Bieber und Marilyn Manson, welcher seinen Künstlernamen aus den Namen der Filmikone Marilyn Monroe und des Massenmörders Charles Manson bastelte und dabei die oberflächliche Popkultur mit den Abgründen des Menschenhasses kreuzte. Billie Eilish performt ähnliche Stilbrüche. Antonia Baum bringt es passend zum Ausdruck:

„Billie Eilish kombiniert auf sehr interessante Weise das Interesse an den eigenen Schmerzen der eher weiblich konnotierten Emo-Kultur mit der breitbeinigen f*** you attitude ihrer Lieblingsrapper. Für sich genommen, ist beides in seinen härtesten Ausprägungen unerträglich, aber in dieser Kombination ist es fantastisch, wie eine neue Geschichte. Sie zeigt, wie man mit Würde leiden kann, was naturgemäß insbesondere für junge Frauen interessant ist, deren Schmerzvarianten immer eng mit einem passiven Opferdasein verbunden sind. Das von Billie Eilish dargestellte Leid ist eben nicht das eines Opfers, sondern wird getragen wie das Top-Statussymbol im Hip-Hop, die Halskette (…).“ [2]

„Zahlreich werden die Schmerzen derer sein, die nicht den einzig wahren Gott anbeten.“

Ps 16,4

Die Schmerzen der Nihilistin Billie Eilish sind Folge ihres Götzendienstes. Sie hat die Herrlichkeit ihres Schöpfers eingetauscht gegen Nichtigkeit (Röm 1,23). Das Leben unter der Sonne – ohne Gott – ist ein Leben voller Nichtigkeiten (Pred 1,2). Ein Leben des Nichts, des Nichts-ismus, des Nihilismus. Die Gefahr von Billie Eilishs Kunst liegt in dem Kontakt mit der Dunkelheit. Die Musikerin kreiert eine dunkle audiovisuelle Kammer in der das Echo des Schmerzes klingt. In der Zuwendung zu dieser Musik füllen wir uns mit der Sinnlosigkeit und öffnen uns dem Schmerz, der sich aus dieser Sinnlosigkeit speist. Damit tun sich Kinder Gottes keinen Gefallen. Um deutlicher zu werden: Christinnen und Christen sollten sich die Musik von Billie Eilish nicht geben! Wir haben einen lebendigen Gott und eine lebendige Hoffnung, deswegen sollten wir nicht die Gottlosigkeit und die Hoffnungslosigkeit zelebrieren, welche Kennzeichen der Weltlichkeit sind. Als Kinder des Lichts sind wir dazu aufgerufen uns von der Welt fern zu halten (Eph 5,8.11), denn – wie es Billie Eilish selbst sagt:

„The world is dark as f***.“

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Nihilismus (20.08.2019)

[2] https://www.zeit.de/2019/15/billie-eilish-saengerin-teenager-hip-hop-authentizitaet (14.08.2019)

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4 Kommentare

Vlad 1. September 2019 - 12:10

Danke für diesen Artikel. Mich als Vater interessiert es brennend was die Teenys und Jugendliche beeinflusst. Leider kann man nicht alles mitbekommen was so IN ist oder auf dem Schulhof gehört/besprochen und gesehen wird. Bitte weiter an ähnlichen Artikel dran bleiben.

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ali 3. September 2019 - 03:41

Leider können wir aus Termingründen nicht bei ihrem Konzert in Berlin sein. Danke für diese Gedanken.

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Billie Eilish – Die Ausdehnung des Zeitgeistes in der Popkultur von Lars Reeh | Bibelkreis München 8. September 2019 - 19:35

[…] „Durch die gedankliche Orientierung am Nichts beinhaltet der Nihilismus einen absoluten Vorrang des Individuums, das allein seinen Trieben und Neigungen folgt und dem alles erlaubt ist. Wenn aber die nihilistische Weltsicht so weit geht, dass selbst das Individuum […] angezweifelt wird, verlieren auch diese Triebe und Neigungen jede Bedeutung.“ [1] […]

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Jutta 22. Oktober 2019 - 09:00

Durch diese Popkultur schafft man den Gegenpol zu Künstlerinnen wie Madonna und Rihanna usw .. und macht wiederum deutlich: Frauen sind die besseren Männer.
Im Westen – so mein Eindruck – läuft alles darauf hinaus, die Frauen kaputt zu machen um die Kultur zu vernichten. Denn wo keine Frauen, da keine Kinder, da keine Gesellschaft. Und wie macht man Frauen ganz sicher kaputt bzw sorgt dafür, dass sie gar nicht erst zu Frauen werden können ?
Indem man die Mädchen zerstört.
Indem man sich die Verwirrung der Teeniejahre zunutze macht und das weibliche Potential der Selbstdarstellung. Denn Frauen sind viel geneigter sich selbst darstellen zu wollen, als der Mann.

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