Gott und Leid: Ein Widerspruch? Interview mit Ralf-Thomas Klein.

von Lars Reeh
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Ist die Existenz von Gott und Leid ein logischer Widerspruch? Die Einsicht des sympathischen Alvin Plantinga erklärt von dem sympathischen Ralf-Thomas Klein.

 1. Herr Dr. Klein, bitte stellen Sie sich vor.

Ich bin verheiratet und habe 3 mittlerweile erwachsene Töchter. Ich habe Geschichte und Latein auf Lehramt studiert, später dann noch Theologie und in diesem Fach habe ich auch promoviert. Im Hauptberuf bin ich Lehrer.

 2. Wer ist Alvin Plantinga und warum haben Sie sich mit ihm so ausführlich beschäftigt?

Alvin Plantinga ist der vermutlich einflussreichste zeitgenössische christliche Philosoph und das war auch der Grund, warum ich mich intensiv mit ihm beschäftigt habe.

 3. Was ist Theodizee?

Der Begriff Theodizee wurde, soweit ich das sehen kann, von Leibniz Ende des 18. Jahrhunderts geprägt. Er bezeichnet Versuche, Gott zu rechtfertigen angesichts des Leids in dieser Welt. Auch wenn der Begriff erst relativ jung ist, ist die Frage, die dahinter steht, schon wesentlich älter: „Wie kann ein guter und gerechter Gott soviel (scheinbar ungerechtes) Leid zulassen?“

 4. Wie antwortet Plantinga auf das Theodizee Problem?

Plantinga versteht unter einer Theodizee eine Antwort auf die genannte Frage, die lautet: „Gott lässt das Leid zu, weil x.“ Und x ist dann der Grund, warum Gott Leid zulässt. Plantinga legt keine Theodizee vor, weil er zu Recht sagt: „Wir können nicht wissen, warum Gott Leid zulässt.“ Natürlich kann man ganz allgemein sagen, dass Leid eine Folge des Sündenfalls ist, aber dann bleiben trotzdem noch viele Fragen offen: „Warum hat Gott überhaupt Menschen geschaffen, die sündigen können? Hätte man die Folgen der Sünde nicht irgendwie anders gestalten können? Etwa so, dass nur Menschen betroffen sind, die schwerwiegende Vergehen begangen haben? etc.“ Wenn Gott uns nichts über die Zusammenhänge mitteilt, die mit diesen Fragen verbunden sind, können wir nur spekulieren und das führt nicht wirklich weiter. Also setzt er sich ein bescheideneres Ziel. Er gibt eine Antwort der Form: „Möglicherweise lässt Gott Leid zu, weil x.“ Diese Antwort gibt nicht vor, die Gründe Gottes zu kennen, sie zeigt nur eine Möglichkeit auf, warum Gott vielleicht Leid zulassen könnte. Aber diese Antwort genügt, um den Vorwurf zu entkräften, den z.B. John Mackie gemacht hatte: die Existenz des Leides und die gleichzeitige Existenz Gottes seien ein logischer Widerspruch. Wenn es möglich ist, dass Gott aus guten Gründen Leid zulässt, dann gibt es keinen logischen Widerspruch.

5. Wie sollte ein Christ mit Leid umgehen?

Wenn ich selbst von Leid betroffen bin, dann ist das natürlich nicht in erster Linie ein logisches Problem, sondern ein existenzielles. Wenn ich mir die Psalmen anschaue und auch das Buch Hiob, dann wird mir klar: Auch Menschen, die mit Gott leben, werden nicht immer von schwerem Leid verschont und sie haben auch nicht immer eine Antwort auf die Frage „Warum?“. Aber Hiob und die Beter der Psalmen zeigen: Es ist möglich, auch in einer solchen Situation an Gott festzuhalten und ihm zu vertrauen. Das ist sicher alles andere als leicht, aber ich kenne persönlich Menschen, die erlebt haben, dass das möglich ist, und dass aus solch einem Leiden sogar wertvolles entstehen kann. Das hat übrigens auch der Apostel Paulus so erlebt. Und wenn ich Jesus anschaue, dann mache ich die unglaubliche Entdeckung, dass Gott selbst für mich leidet, dass er sein Leben für mich gibt. Das beantwortet mir zwar im Einzelfall nicht die Fragen „Warum ich? Warum gerade dieses Leid? Warum jetzt? etc.“, aber es zeigt mir, dass Gott mich unfassbar liebt und dass er es trotz allem unverstandenen Leid gut mit mir meint.

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2 Kommentare

Interview: Gott und Leid – ein Widerspruch? | Hanniel bloggt. 26. März 2014 - 09:22

[…] Reeh führte für Josiablog ein kurzes Interview zum Thema Gott und Leid. Der Philologe und promovierte Theologe hat seine Dissertation zu Alvin […]

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Sacha Walicord 1. Juni 2014 - 22:03

Ich empfehle das Lesen von Cornelius Van Til und Greg Bahnsen zur Thematik und zu Apologetik und Ethik ueberhaupt.

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