Ich glaube, dass heute eine der größten Herausforderungen im Leben junger Leute das praktische Glaubensleben ist. Und damit meine ich nicht nur deine Stille Zeit mit Bibellesen und Beten, sondern dein Leben als Ganzes. Wie verhalten wir uns als Christen in unserer nichtchristlichen Umgebung? Wie gehen wir mit nichtchristlichen Freunden um? Welche Einstellung sollten wir als Christen zur Schule, Uni oder unserer Arbeit haben? Oder anders formuliert: Wie blicken wir als Christen auf diese Welt und wie leben wir in ihr?
Die Notwendigkeit einer christlichen Weltanschauung
Das Wort Weltanschauung mag umständlich klingen, bedeutet aber im Prinzip genau das, was es aussagt: Eine Weltanschauung ist der Blickwinkel auf die Welt, die Brille, durch die wir die Welt betrachten. Bei der Weltanschauung geht es also in erster Linie nicht um eine philosophische, abstrakte Idee, die sich irgendjemand ausdenkt, sondern es geht um eine praktische Realität, die jeden von uns betrifft. Jeder von uns hat eine Weltanschauung, jeder schaut durch eine Brille auf die Welt, die Frage ist nur durch welche.
Die christliche Weltanschauung muss von der Bibel geprägt sein. Für die christliche Weltanschauung ist die Bibel die ultimative Richtlinie, nicht nur für die Glaubensinhalte, sondern auch für das praktische Leben eines Christen. Die Bibel sagt viel über unser Leben als Christen in einer Kultur, die das Christentum weitgehend ablehnt. Die Bibel schweigt zum Thema Weltanschauung nicht, vielmehr bietet sie uns eine Weltanschauung, der wir unbedingt folgen müssen.
Christliche Weltanschauung „in a nutshell“
Wenn man das vielfältige Thema „christliche Weltanschauung“ ausführlich definieren und erklären möchte, dann geht das nicht in einem kurzen Artikel. Es gibt Vieles zu diesem Thema zu sagen. Wenn man aber den zentralen Gedanken der biblischen Weltanschauung betrachten möchte, dann hilft folgendes Schema, das uns die Bibel selbst an die Hand gibt:

Gott hat die Welt gut erschaffen, doch durch den Sündenfall ist die gesamte Schöpfung (und dazu zählen nicht nur die materiellen Dinge, unserer Welt, sondern auch die sozialen Verbindungen, also Beziehungen zu anderen Menschen, unsere Gesellschaft oder auch Politik) von den Folgen der Sünde betroffen. Nicht alles, was wir tun, ist in seiner Gesamtheit böse, aber trotzdem ist alles, egal aus welcher Motivation heraus es getan wird, mit der zerstörerischen Macht der Sünde behaftet.
Aber auch die Erlösung durch Jesus betrifft die gesamte Schöpfung und man kann davon sprechen, dass durch die Erlösung die Schöpfung zurückgewonnen wurde. Auch hier ist wieder mehr als nur der bloße Mensch gemeint. Auch die sozialen Konstrukte unserer Welt müssen vom Fluch der Sünde erlöst werden. Aber weil diese Erlösung noch nicht vollständig ist und die Sünde immer noch ihre Auswirkungen auf unser Leben hat, warten wir auf die vollkommene Vollendung bei Jesu zweitem Kommen. Dann wird die Schöpfung in ihrer Gesamtheit vollendet.
Die christliche Weltanschauung in der Praxis
Wie notwendig eine christliche Weltanschauung ist, merken wir am besten, wenn wir uns einmal vorstellen, wie es wäre, unseren Glauben, und die damit verbundenen Werte vom Rest unseres Lebens zu trennen:
„Wir gehen zwar am Sonntag in den Gottesdienst, hören uns Predigen an, die uns das Evangelium verkünden und wir glauben, dass die moralischen Prinzipien der Bibel richtig und gut sind. In unserem Alltag spielt all das aber keine Rolle. Am Montag stehen wir auf, um in die Schule zu gehen. Dort geben wir unser Bestes, nicht um Gott zu ehren und mehr von der Welt zu wissen und zu verstehen, die er gemacht hat, sondern um später einmal den bestmöglichen Beruf zu haben, und möglichst viel Geld zu verdienen.
Nach der Schule kommen wir nach Hause und schalten den Fernseher an. Der Sprecher der Tagesschau berichtet gerade über das neue Gesetz zum Thema Abtreibung: Abtreibungen sollen ab sofort bis zum 9. Monat der Schwangerschaft erlaubt sein. Wir sehen kein Problem darin, denn schließlich muss ja nicht jeder Gottes moralische Maßstäbe für sich anerkennen. Am Wochenende gehen wir mit Freunden aus der Schule auf eine Party. Auch wenn wir kaum Alkohol trinken, sehen wir kein Problem darin, dass sich alle anderen auf der Party mit massenhaft Alkohol und Drogen abschießen. Schließlich ist das ja ihr Leben.“
Getrennter Glaube und Alltag
Auch wenn dieses Beispiel etwas übertrieben ist, merkt man sehr schnell, was das Problem ist, wenn man eine inkonsequente Weltanschauung hat. Wenn man den Glauben vom Rest der Welt und seinem Leben außerhalb der Gemeinde loslöst, dann hat das fatale Folgen. Der Glaube, und mit ihm auch die Frage nach Gut und Böse, wird aus dem Alltag verdrängt. Francis Schaeffer benutzte das Bild eines Doppeldeckerbusses, um dieses Problem zu beschreiben. Stell dir einen Doppeldecker vor, bei dem sich dein Glaubensleben auf dem oberen Stockwerk des Busses befindet und der Rest des Lebens auf dem unteren, Glauben und Leben sind voneinander getrennt. Wir merken, wie fatal das ist, wenn wir uns fragen, von wem der Bus gelenkt wird: vom Busfahrer. Denn der Fahrer sitzt im unteren Stockwerk, in dem Teil, der nicht durch den Glauben bestimmt wird, sondern auf den der Glaube dann keinen Einfluss hat.
Unser Leben wird, wenn wir keine christliche Weltanschauung haben, von einem Busfahrer gelenkt, auf den unser Glaube keinen Einfluss hat. Und das hat Konsequenzen. Wir schließen Gott aus der Gleichung unseres Lebens aus und handeln nach unserem Ermessen. Die biblischen Prinzipien, besonders die, die sehr antikulturell sind, haben keinen Einfluss auf unser Leben. Und das zeigt sich am Ende auch in unserem Denken und Handeln. Unsere Meinung zu den Themen unserer Zeit (z.B. Abtreibung, LGBTQ+ etc.) werden dann nicht mehr von der Bibel geprägt. Die Bibel bleibt weiter wichtig, aber nur für den Glauben. Unser Leben ist dann zweigeteilt. Ich bin zwar ein frommer Christ, aber nur am Sonntag, nur wenn ich meine stille Zeit mache, nur im Privaten. Wenn ich in der Schule oder auf der Arbeit bin, dann spielt mein Glaube keine Rolle.
Die Bibel sollte all unsere Lebensbereiche bestimmen
Eigentlich sollte es das aber anders sein. Wir sollten unsere Sicht auf die verschiedenen Aspekte unseres Lebens durch die Bibel prägen lassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott nicht nur der Herr über den Sonntag und unsere stille Zeit ist. Vielmehr ist er der Herr der ganzen Welt. Der holländische Theologe Abraham Kuyper hat einmal gesagt: „Es gibt keinen Zentimeter auf dieser Welt, über den Jesus nicht ausruft: ‚Meins‘.“ Es gibt keinen Bereich in deinem Leben, in dem er nicht will, dass du nach seinem Willen und seinen Gesetzen fragst und lebst.
In Römer 12, 1-2 sehen wir, dass „Gottesdienst“ mehr ist als nur der sonntägliche Gottesdienst in der Gemeinde:
„Ich ermahne euch nun, ihr Brüder, angesichts der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber darbringt als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer: Das sei euer vernünftiger Gottesdienst! Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch in eurem Wesen verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“
Wir werden hier eindeutig dazu aufgefordert unser gesamtes Leben zur Ehre Gottes zu leben. Das können wir nur tun, wenn wir nach Gottes Willen für unser ganzes Leben fragen. Wenn wir ihn aus dem Großteil unseres Lebens ausklammern, dann können wir auch nicht voll und ganz zu seiner Ehre leben.
Die Bibel als Kompass für alle Lebensbereiche
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Ich verstehe dich, aber die Bibel sagt doch zu den meisten Bereichen meines Lebens gar nichts. Wie kann ich eine christliche Sicht auf die Dinge haben, wenn die Bibel mir nichts dazu sagt?“
Der Einwand klingt plausibel, ist aber einfach nicht richtig. Ja, in der Bibel finden wir keinen Vers, der uns genau sagt, wie wir über die Schule oder den neuen Marvel-Film denken sollen. Aber sie gibt uns Prinzipien an die Hand, die uns Gottes Willen für die verschiedenen Lebensbereiche zeigen. Diese Prinzipien lassen sich auf unser Leben heute anwenden. Ob zum Thema Freundschaften, Schule, Geld oder Beruf: die Bibel hat eine Meinung zu jedem dieser Bereiche. Gott hat eine Meinung dazu. Ignoriere diese Meinung nicht, denn immerhin ist es Gott, dein Schöpfer und Erlöser, dessen Willen du ignorierst.
Vielmehr möchte ich dich ermutigen, das ganze Leben aus seiner Perspektive zu betrachten. Das gelingt in erster Linie durch das Studium von Gottes Wort und durch das aktive Hinterfragen deiner bisherigen Weltanschauung.
Bitte Gott, dass er dir durch seinen Geist hilft, dein Leben aus seiner Perspektive zu betrachten. Bitte ihn um diese Einsichten beim Lesen der Bibel und bitte ihn darum, dass du seine Gedanken nach ihm zu denkst, damit du dein Leben zu seiner Ehre leben kannst.